Geschlossene Geschäfte, wenig Kunden und eine ungewisse Zukunft machten dem Fachhandel in der Corona-Hochzeit das Leben schwer. Langsam nimmt die Wirtschaft wieder Fahrt auf. Für Dirk Wittmer von EURONICS XXL Johann +Wittmer in Ratingen ist es an der Zeit, Handel und Geschäft für die Zukunft neu aufzustellen.
Nachdem bereits große der Teile der Welt durch den Corona-Virus in einen Tiefschlaf versetzt wurden, zeigten sich Mitte März dieses Jahres die Auswirkungen der Pandemie auch in Deutschland. Was kaum einer jemals für möglich hielt, wurde Gewissheit. Geschäfte mussten schließen, Schulen und öffentliche Einrichtungen stellten den Betrieb ein und die Wirtschaft kam nahezu zum Erliegen.
Für den stationären Handel, ausgerichtet auf Kundenfrequenz im Laden, eine Katastrophe. Auch für EURONICS XXL Johann +Wittmer kam diese Nachricht überraschend. „Am 18. März mussten wir, wie viele andere auch, quasi über Nacht den Laden schließen“, so Geschäftsführer Dirk Wittmer. „Klar war aber auch, dass das Geschäft irgendwie weiterlaufen musste. So haben wir uns zunächst dafür entschieden nach außen zu kommunizieren, wie wir weiter für unsere Kunden erreichbar sind.“
Gewohnte Zeiten, kostenlose Lieferung
Dabei sollten die Kunden zu den bekannten Öffnungszeiten einen Ansprechpartner im Geschäft erreichen. Darüber hinaus wurde ein Lieferservice eingerichtet, der ab einem Einkaufswert von 9,99 Euro im Umkreis von 30 Kilometern die Produkte kostenlos liefert. „Mit dieser Maßgabe sind wir dann gestartet“, führt Wittmer aus. „Dennoch wollten vielen Kunden die Ware lieber direkt abholen, als auf eine Zustellung zu warten. Dementsprechend hatten wir eine Warenausgabe eingerichtet. Ebenso blieb der Kundendienst in der Werkstatt erreichbar und auch unser DHL Shop war die ganze Zeit über geöffnet.“
Prozesse aus Kundensicht betrachten
In den mehr als vier Wochen der Ladenschließung hat Johann+Wittmer mit allen verfügbaren Fahrzeugen Ware ausgeliefert. Damit konnten Waren schneller zugestellt werden, als es bei Bestellungen über das Internet möglich war. Dennoch ist der Blick aus Kundensicht auf den Betriebsablauf wichtig. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es nicht reichte, zu den normalen Zeiten zu öffnen“, resümiert Dirk Wittmer. „Die Verbraucher haben viel früher ab 8:00 Uhr morgens angerufen und wollten sich beraten lassen als in der Zeit vor der Corona-Krise. Entsprechend ist es wichtig, sich diesem veränderten Konsumentenverhalten anzupassen und beispielsweise genügend Personal vor Ort zu haben. Auch haben wir unseren Kunden zur Wahl gestellt, ob sie sich per E-Mail, WhatsApp oder lieber per Video-Chat beraten lassen wollen.“
Natürlich hat auch Johann+Wittmer Waren über den Online-Shop angeboten. Schließlich war der digitale Zugang zu Produkten und Waren für die Verbraucher sehr wichtig. Und dennoch musste ein Teil der Mitarbeiter vorübergehend in Kurzarbeit, da die Verkaufsfläche geschlossen war, gehen. Entsprechend groß war die Freude, als ab dem 27. April das Geschäft zunächst beschränkt auf 800 Quadratmetern öffnen dürfte. Und seit dem 11. Mai läuft der Betrieb wieder auf voller Fläche unter Berücksichtigung der geltenden Corona-Vorschriften.
„Nach einer Angstphase befindet sich die Gesellschaft jetzt in einer Euphoriephase“, so Dirk Wittmer. „Doch nach wie vor ist die Gefahr durch den Corona-Virus vorhanden. Das tägliche Leben und der Alltag haben sich nachhaltig geändert. Viele Menschen können oder wollen derzeit nicht in den Urlaub fahren. So wird ein Teil des Geldes ausgegeben, um es sich zu Hause schön zu machen. Und das ist für unsere Branche sehr positiv.“
Sinkende Spanne trotz Online-Umsatz
Trotz eines guten Online-Geschäftes kann mit dem so generierten Umsatz ein stationäres Geschäft nicht am Leben gehalten werden. „Viele Geschäftsinhaber sind sicher, mit Online den für sie notwendigen Umsatz erreichen zu können“, ist sich Wittmer sicher. „Doch zumindest für uns ist das Online-Geschäft nur ein Baustein in der Unternehmensstrategie. Wir wollen nicht die Hälfte des benötigten Umsatzes Online machen. Auch die Handelspanne ist in der Zeit von ´Click und Collect` derart gesunken, dass wir mit dieser nicht hätten überleben können.“
Mit der vollständigen Öffnung kamen dann aber auch die Kunden wieder in den Laden. „Ab diesem Tag hatten wir auch die notwendige Handelsspanne wieder und das war ein Glücksgefühl“, freut sich Dirk Wittmer. „Denn nur durch die Beratung vor Ort und den Verkauf von Zusatzdienstleistungen lassen sich gute Spannen erzielen. Wichtig ist hierbei unter anderem der Verkauf von Versicherungsleistungen, wie sie Wertgarantie bietet.“
Veränderte Rahmenbedingungen
Sicher ist, dass die Corona-Pandemie die Rahmenverhältnisse für Wirtschaft und Handel nachhaltig verändert. Die Erfahrungen, die in den letzten Wochen mit der Digitalisierung und den Umgang mit digitalen Medien gemacht wurden, wirken sich auch künftig in allen Bereichen des Alltags aus. „Aus meiner Sicht ist hierfür die Erreichbarkeit eines Geschäftes ein gutes Beispiel. Wir waren bei Johann+Wittmer telefonisch nicht so gut erreichbar, wie es hätte sein müssen. Denn die Kunden konnten zwar immer Ware im Geschäft abholen, doch die Leute waren teilweise ängstlich, das Haus zu verlassen. Wir setzen derzeit für uns neue Prozesse auf, um besser erreichbar zu sein.“
„Jetzt muss man sich als Unternehmer darin bewähren, in Szenarien zu denken und in Szenarien zu handeln“, ergänzt Wittmer. „Denn es gibt wenig Gewissheit in der Corona-Realität. Es ist an der Zeit zu überlegen, wie man seinen Umsatz machen kann und seine Position im Markt unter den neuen Rahmenbedingungen zu finden. Denn Corona verändert nachhaltig die (Geschäfts)Welt.“
Nicht ohne Social Media
Online-Auftritt und Internet sind keine alleinigen Heilsbringer. Doch ohne sie kann kein Händler mehr überleben. „Jeder Unternehmer sollte in seinem Geschäft, gleich wie groß es ist, schauen, wer von seinen Mitarbeitern Internet-affin ist“, empfiehlt Dirk Wittmer. „Facebook und Instagram haben sich zu wichtigen Kommunikationsplattformen entwickelt. Hier muss ich mich frech, jung, agil und humorvoll präsentieren, um ein anderes Publikum zu erreichen. Wir haben zum Beispiel Wellness-Produkte + Hair Styling Geräte auf diese Art gezeigt und beworben, ohne einen Preis zu nennen. Als Ergebnis haben viele jungen Menschen diese Produkte letztendlich bei uns im Laden gekauft.“
Eine große Rolle spielen positive Bewertungen im Internet. Um das zu erreichen ist es wichtig seine Mitarbeiter dafür zu sensibilisieren, Bewertungen von den guten Kunden zu bekommen. Und noch etwas ist wichtig. „Man musss in der Lage sein, selber Inhalte Online stellen zu können. Nur so kann ich als Unternehmer schnell reagieren“, empfiehlt Dirk Wittmer.
„Wenn man täglich beobachtet wie Groß und Klein, Jung und Alt ständig das Handy vor der Nase haben, haben wir doch nur eine Alternative: uns das Internet zum Freund zu machen und für unsere Zielgruppen darin relevante Informationen bereit zu halten, damit Sie unsere Läden besuchen und in Kontakt mit uns bleiben“, so Wittmer mit einer optimistischen Zukunftsaussicht.